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ERZIEHUNGEin Prozess und eine soziale Institutionvon Phil Bartle, PhDübersetzt von Martina SanderTrainingsblattErziehung ist mehr als nur Lernen.Erziehung unterscheidet sich von Sozialisation dadurch, dass sie geplant ist oder es zumindest sein sollte. Mit klaren Zielsetzungen für die Lerninhalte. Siehe auch meine Schimpftirade über Erziehung und Sozialisation. Erziehung ist aber nicht nur ein Prozess, sondern eine soziale Institution. Sie ist eine Reihe von Organisationen, deren Bestimmung es ist, junge Menschen für die Gesellschaft zu erziehen. Wenn Kinder zur Vorschule gehen, in den Kindergarten, zur Grundschule und in eine weiterführende Schule, erlernen sie durch Interaktion mit anderen Schülern und Lehreren oder Erziehern neue Handlungsmöglichkeiten und werden zwangsläufig sozialisiert. Wie bei anderen Formen der sekundären Sozialisation erfolgt dieser Teil der Erziehung ungeplant, ist kein Bestandteil des Lehrplans und von daher spontan undaus dem Stegreif. Diese Erfahrung kann die Schüler verunsichern, und viele Schulen haben Berater, die die Kinder bei der nötigen Anpassung unterstützen. Wie in anderen Institutionen, in denen Sozialisation geschieht, tragen Schulen dadurch zur Geschlechtersozialisation bei, dass sie unterschiedliche Toiletten für Jungen und Mädchen haben, unterschiedliche Kleidervorschriften und unterschiedliche Kursempfehlungen geben. Vor fünfzig Jahren wurde von Mädchen nicht erwartet, dass sie gut in Mathematik oder Naturwissenschaften sind, weshalb man sie dazu drängte, anstelle des Werkunterrichts Hauswirtschaft zu belegen. Heutzutage wird mehr Wert darauf gelegt, Mädchen zu guten Leistungen in den Naturwissenschaften zu ermutigen. Dem aggressiven und unbeherrschten Verhalten von Jungen, das ihre für den Arbeitsmarkt wichtigen Fertigkeiten nach dem Schulabschluss reduziert, wird mit mehr Toleranz begegnet. Eine Bildungseinrichtung ist eine Einrichtung, die Ungleichheiterzeugt und vergrößert. Kinder von vernögenden Eltern gehen meist zu "besseren" Schulen, die ein größeres Budget haben und mehr Leistungen bieten. Das Prinzip der Chancengleichheit bedeutet in Wirklichkeit, dass jeder die gleiche Chance hat, im Wettbewerb gegeneinander anzutreten, und das Ergebnis ist immer Ungleichheit. Chancengleichheit erzeugt keine Gleichheit. Studenten werden beurteilt und erhalten Noten. Bessere Noten bedeuten besseren Zugang zu weitergehenden Bildungsangeboten, und später zu mehr und besser bezahlten Arbeitsstellen. In einer komplexen post-industriellen Gesellschaft wie der unseren, aber auch in industriellen Gesellschaften, werden Menschen üblicherweise nicht in ihrer Gesamtheit erfasst, sondern nach den unterschiedlichen Rollen, die sie einnehmen. Das ist ein Produkt und ein Symptom der Gesellschaft. Deshalb bieten viele Arbeitgeber Bewerbern Arbeitsstellen wegen der vorgelegten Ausbildungszeugnisse an, selbst wenn der Inhalt dieser Ausbildung keinen direkten Bezug zu den Fertigkeiten und Kenntnissen hat, die für die Arbeitsstelle erforderkich sind. Wir sprechen dann von einer Zeugnisgesellschaft. Das bedeutet, dass manche Personen, die die Arbeit besser tun könnten, nicht eingestellt werden, während andere, die die richtigen Zeugnisse haben, aber vielleicht nicht dieselbe Eignung, die Stelle erhalten. Ausbildung nimmt die Rolle eines Pförtners ein - sie verwehrt manchen Leuten den Zugang zu manchen Arbeitsstellen und lässt andere hindurch. Siehe hierzu die Vorlesungsnotizen zu sozialer Förderung. Wir unterscheiden oft zwischen Ausbildung und Training. Ausbildung ist der Erwerb von Wissen, während Training den Erwerb von Fertigkeiten bedeutet, obwohl es hierbei erhebliche Überschneidungen gibt. Das Training auf den Seiten des Community Empowerment geht wesentlich über die übliche Definition von Training hinaus. Siehe auch “Training als Mobilisierung.” Wie wir erwarten würden, tendieren Soziologen, die das Thema Erziehung betrachten, dazu, unterschiedliche Dinge wahrzunehmen, je nach der Perspektive, die sie bevorzugen. Üblicherweise untersuchen Funktionalisten, wie Erziehung zum Funktionieren der Gesellschaft beiträgt, indem sie dafür sorgt, dass Fertigkeiten trainiert und Wissen ausgebildet wird, die der Gesellschaft nutzen. Die Pförtner-Rolle wird als notwendig für das Funktionieren einer Leistungsgesellschaft angesehen. Ausbildung hilft, Individuen in eine komplexe Gesellschaft zu integrieren. Ausbildung wird als verfügbar für jeglichen notwendigen sozialen Wandel angesehen. Konfliktsoziologen dagegen sehen die Rolle von Ausbildung darin, Ungleichheit aufrechtzuerhalten und dadurch einige zu privilegieren, andere hingegen nicht. Sie nehmen die ungleiche finanzielle Ausstattung von Schulen wahr und sehen Intelligenztests als kulturell vorbelastet an. Beides ist ein Beitrag zur Ungleichheit und zur Aufrechterhaltung der vertikalen Struktur und dient den Interessen der Machtelite. Sie beschreiben den "heimlichen Lehrplan" als die Dinge, die in der Schule gelehrt werden, aber nicht im Lehrplan stehen: Obrigkeitshörigkeit, Angepasstheit an bürgerliche Wertvorstellungen und Normen, die protestantische Arbeitsethik und andere Dinge, die sicherstellen, dass die Mittelschicht die Oberschicht auch weiterhin unterstützen wird. Wie üblich untersuchen die symbolischen Interaktionisten die Mikroebene und betrachten Interaktionen zwischen Schülern, Lehrern und anderen im Unterrichtsraum. Sie finden zum Beispiel, dass Lehrer sich ihre Urteile oft schon in der ersten Woche bilden - basierend auf so subtilen Dingen wie Kleidung, Haut und Haar, Körpersprache und Dialekt - und die Schüler nach Volkszugehörigkeit, Gesellschaftsschicht und familiärem Hintergrund kategorisieren. Auf diesen Urteilen basieren ihre Erwartungen darüber, wie und wie gut die Schüler in der Schule abschneiden werden. Die restliche Zeit verbringen sie damit, sicherzustellen, dass es sich hierbei um selbsterfüllende Prophezeiungen handelt. ––»«––Wenn Sie Texte dieser Seite kopieren, erwähnen Sie bitte den/die Autor/en |
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