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Der ganzheitliche Ansatz „menschlicher Faktor“ in der Stärkung der Gemeinschaft
Sommer 2008, 14. Jahrgang, Nr. 1, Sonderausgabe
von Phil Bartle, Gründer des „Community Empowerment Collective“
Victoria, British Columbia Übersetzt von Martina Sander
DAS
COPYRIGHT FÜR DEN FOLGENDEN TEXT LIEGT BEIM JOURNAL. DER INHALT KANN ZITIERT ODER
ANGEFÜHRT WERDEN. ANDERS
ALS DIE MEISTEN SEITEN AUF DIESER WEBSITE IST ES NICHT COPYLEFT ODER CC BY SA.
Abstrakt
Community
Empowerment, eine spezielle Methode zur Stärkung der Gemeinschaft, beginnt mit der
Idee, daß man Kapazität nicht herstellen kann (etwa durch Social Engineering),
sondern daß die Gemeinschaft angeregt werden kann, um sich selbst zu entwickeln.
Die Gemeinschaft als Institution besteht aus Kultur, Ideen und Handlungen, die von
Menschen gelernt werden, und deshalb ist sie verschieden von den Menschen, die sie
lernen. Feldforschung zeig, daß die Stärke einer Gemeinschaft auf sechzehn Stärkefaktoren
baut. Diese Faktoren werden beschrieben und es wird gezeigt, daß sie zu den sechs
Dimensionen von Kultur gehören; somit auch teil des ganzheitlichen Ansatzes „menschlicher
Faktor“ sind. (Johanne Lemaire)
[English, French and Spanish versions of this abstract]
Einführung
Wie
jeder Soziologie- oder Anthropologiestudent im ersten Semester lernt, heißt Mensch
sein, Kultur haben (Henslin 2004). Der lebenslang währende Prozeß des Kulturerwerbs,
Enkulturation, ist ein Lernprozeß. (1) Kultur
und ihre Institutionen, also die Gesellschaft, setzt sich nicht aus Menschen zusammen,
sondern aus menschlichen Gedanken und Handlungen; Kultur (das ganz spezielle Etwas,
das uns menschlich macht) wird durch Menschen weitergetragen.
Die
Gemeinde oder Gemeinschaft ist eine der ältesten Institutionen der Menschheit und
scheint genauso lange zu existieren wie die Menschen selbst. Wie alle sozialen Institutionen
kann man eine Gemeinde nicht sehen, fühlen oder hören, aber sie ist ein soziales
Konstrukt, wie das Modell eines Atoms. Eine Gemeinde ist kein menschliches Wesen,
kann nicht essen, denken, urteilen oder Golf spielen, und wenn wir sie richtig verstehen
und ihre Handlungen vorhersagen wollen, sollten wir sie nicht vermenschlichen.(2)
Ursprünge
der Methodik zur Gemeinschaftsstärkung
Die
Methodik, die hinter der Gemeinschaftsstärkung steht, entstand nicht aufgrund gelehrter
oder akademischer Bestrebungen. Sie entstand vor Ort in der praktischen Arbeit, als
ein Mittel, um ein äußerst schwieriges Problem zu lösen, das soziale Problem der
Armut. Das heißt, es gibt keine Dokumentation oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen
zu diesem Thema. Als Einstein zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Theorien niederschrieb,
kannte jeder die Bedeutung der von ihm beschriebenen Elemente, e, m und c,
aber
man brauchte jemanden wie ihn, um sie zu einer neuen Sicht auf das Universum zusammenzusetzen.
Du magst die Elemente der Gemeinschaftsstärkung sehen und vermuten, dass bereits
alles Notwendige gesagt wurde, aber so ist es nicht.
Der
menschliche Faktor und die Stärkung der Gemeinschaft
Der
Ansatz zur Einbeziehung des menschlichen Faktors erwuchs aus der Erkenntnis, dass
es notwendig ist, die ganze Person zu erforschen, einschließlich spiritueller Gesichtspunkte.
Die Methodik der Gemeinschaftsstärkung hängt von der Analyse der menschlichen Kultur
ab, von deren sechs Dimensionen eine die spirituelle ist (einschließlich Glaubensvorstellungen
und Weltanschauung). Diese Dimensionen (die technologische, ökonomische, politische,
soziale, ideologische und weltanschauliche) und ihre Rolle bei der Stärkung werden
weiter unten erläutert.
Stärkung
und Entwicklung
Ein
Grund, warum manche Leser das hier für altbekannt halten, ist die Ähnlichkeit der
Worte Gemeindeentwicklung und Gemeindestärkung. Entwicklung heißt, größer und
komplexer zu werden. Stärkung heißt, stärker zu werden. Während diese beiden
Begriffe definitionsgemäß unterschiedlich sind, sind sie doch auf komplizierte
Weise miteinander verbunden.
Gemeindestärkung
unterscheidet sich von Gemeindeentwicklung nicht nur dadurch, dass sie keinen kolonialen
Ursprung und Ausrichtung hat, nicht auf ländliche Gemeinschaften beschränkt ist
und auf einer komplexeren Untersuchung von Gemeinden beruht, einschließlich der
sechs Kulturdimensionen und der sechzehn Elemente der Stärke von Gemeinschaften.
Entwicklung,
einschließlich Gemeindeentwicklung, ist eine Zunahme an Komplexität. Es ist nicht
nur eine simple Vergrößerung, wie zum Beispiel der Einwohnerzahl, des Einflußgebietes
oder des Reichtums. Entwicklung ähnelt mehr dem Wachstum einer Pflanze als dem Bau
einer Maschine. Stell Dir eine Eichel vor, die wächst. Sie wird sich nicht zu einer
hausgroßen Eichel entwickeln, sondern zu einem Eichenbaum.
Indem
eine Gemeinschaft stärker wird, wird sie befähigter. Ihre Fähigkeit, die Dinge
zu erreichen, die ihre Mitglieder wollen, nimmt zu, und sie entwickelt mehr Kapazität.
Wir können eine Gemeinschaft anregen, Kapazität zu entwickeln; wir können sie
nicht herstellen.
Die
Methodik der Gemeindestärkung basiert auf der praktischen Anwendung der Sozialwissenschaft.
Sie geht weiter als die traditionelle Gemeindeentwicklung mit ihrer ländlichen Ausrichtung
und und kolonialen Verflechtung. Sie betrachtet eine Gemeinschaft wie einen kulturellen
oder biologischen Organismus - als etwas, dass durch Anstrengung oder Übung stärker
wird.
Die
Methodik der Gemeinschaftstärkung basiert auf der praktischen Anwendung der Sozialwissenschaft.
Sie geht weiter als die traditionelle Gemeinschaftsentwicklung mit ihrer ländlichen
Ausrichtung und und kolonialen Verflechtung. Sie betrachtet eine Gemeinschaft wie
einen Organismus, kulturell oder biologisch, als etwas, dass durch Anstrengung oder
Übung stärker wird.
Wenn
wir einer Gemeinschaft alles geben und alles für sie tun, wird sie hinsichtlich
ihrer Entwicklung, bildlich gesprochen, zum Stubenhocker. Es gibt Zeiten und Orte,
wo dieser wohltätige Ansatz angemessen ist - wie zum Beispiel nach einer durch Naturgewalten
oder durch Menschen verursachte Katastrophe, wenn die gewährten Hilfen über Leben
und Tod entscheiden. Wenn die Wohltätigkeit aber zu lang gewährt wird, wird sie
zur Abhängigkeit der Gemeinschaft beitragen und damit zu ihrer Schwächung und weiteren
Verarmung. " Zu lang" heißt mehr als einige Monate, nicht, wie wie viele Menschen
in humanitären Hilfsorganisationen meinen, mehrere Jahre. Genau wie ein biologischer
Organismus verkümmert, verlieren die Empfänger von zu viel Wohltätigkeit die Fähigkeit,
für sich selbst zu sorgen.
Die
wichtigsten Elemente der Gemeinschaftsstärkung
Es
gibt acht wichtige Grundsätze:
- Die
Machtverhältnisse (gemeint sind Meinungsmacher und -führer, nicht die demografische
Mehrheit) müssen den Wunsch haben, dass die Gemeinschaft selbständiger wird und
bereit ist, dafür zu arbeiten und Opfer zu bringen. (Anführer und Meinungsmacher
können formell und/oder informell sein, offiziell anerkannt und/oder nicht offiziell
anerkannt). Ist dies nicht gegeben, verschwendet der Mobilisierer seine Zeit und
würde besser in einer anderen Gemeinde eingesetzt.
- Ein
erfahrener und/oder ausgebildeter Trainer muss zur Verfügung stehen, um zu intervenieren,
zu fördern und die Gemeinschaft dabei anzuleiten, sich zu organisieren und Maßnahmen
zur Überwindung der Armut zu ergreifen und selbständiger zu werden. Der Mobilisierer
kann jemand mit natürlichen Talenten und Fähigkeiten sein, während das Training
auf dieser Internetseite darauf zielt, diese Fähigkeiten und Talente zu entfalten
und zu verbessern.
- Während
Unterstützung durchaus angeboten werden kann, sollte es keine reine Wohltätigkeit
sein, die Abhängigkeit und Schwäche begünstigt, sondern vielmehr eine Partnerschaft
mit Unterstützung und Training, die Selbständigkeit und einen Zuwachs an Fähigkeiten
fördert.
- Empfängerorganisationen
oder -gemeinschaften sollten nicht kontrolliert oder zur Veränderung gezwungen werden,
aber Fachleute, die als Aktivist oder Mobilisierer ausgebildet wurden, sollten intervenieren,
und zwar durch Anregung, Information und Anleitung. Social Engineering muß vermieden
werden. Überzeugung und Förderung sind notwendig.
- Organismen
werden durch Übung stärker, durch Anstrengung und dadurch, dass sie sich mit Widrigkeiten
auseinandersetzen. Die Methodik der Stärkung berücksichtigt diesen Grundsatz für
soziale Organisationen. Sport-Trainer verwenden das Schlagwort "Ohne Schweiß kein
Preis". Wir möchten nicht für körperliche Höchstleistungen werben, aber doch
für Kampf und Anstrengung.
- Aktives
Einbeziehen der Empfänger, insbesondere bei der Entscheidungsfindung, ist entscheidend
für die Zunahme der Leistungsfähigkeit. Entscheidungen können nicht stellvertretend
für die Gemeinschaft getroffen werden.
- Ein
wesentlicher Anteil der Ressourcen (der unterschiedlich sein kann), die für das
Gemeinschaftsprojekt (also die Maßnahme) erforderlich sind, muß von den Mitgliedern
der Gemeinschaft bereitgestellt werden.
- Wir
müssen darauf abzielen, dass die Teilnehmer von Anfang an die volle Kontrolle übernehmen,
sich in der vollen Entscheidungsfindung üben und die volle Verantwortung für die
Handlungen übernehmen, die zu ihrer vermehrten Stärke führen.
Vergleiche
auch Bartle (2004) für weitere Einzelheiten zu diesen Grundsätzen
Das
ist der Kernbereich der Grundsätze, die für die Gemeinschaftsstärkung gelten.
Jede der sechs Kulturdimensionen und jedes der 16 Elemente der Stärke kommt im Prozess
der Gemeinschaftsstärkung zum Tragen, wenn diese obersten Grundsätze angewendet
werden.
Elemente
der Stärke
40
Jahre Arbeit, in der ich Gemeinschaften dazu motivierte, sich selbst zu stärken,
hat zur Entdeckung von 16 Elementen der Stärke geführt.
(3) Eine
spätere Untersuchung ergab, dass, wie bei Webers Elementen zur Stärkung von Bürokratien, (4)
diese
16 Elemente auch auf die Stärke von Familien und Organisationen angewendet werden
können.
Die
16 Elemente der Stärke
Altruismus:
Die
Proportion und der Grad, bis zu dem Individuen bereit sind, für das Wohl der Gemeinschaft
als Ganzes eigene Vorteile zu opfern (widergespiegelt im Grad der Großzügigkeit,
der individuellen Bescheidenheit, des Stolzes auf die Gemeinschaft, der Bereitschaft,
sich gegenseitig zu unterstützen, der Loyalität, der Anteilnahme, der Kameradschaft,
der Schwester-/Brüderlichkeit). Indem eine Gemeinde mehr Altruismus entwickelt,
erwirbt sie mehr Leistungsfähighkeit. Dort, wo man Einzelnen, Familien oder Interessengruppen
gestattet, auf Kosten der Gemeinschaft gierig und selbstsüchtig zu sein, wird die
Gemeinschaft geschwächt.
Gemeinsame
Werte:
Der
Grad, bis zu dem Mitglieder der Gemeinde Werte teilen; insbesondere die Vorstellung,
dass sie zu einem gemeinsamen Ganzen gehören, das an die Stelle des jeweiligen Einzelinteresses
tritt. Je mehr die Mitglieder der Gemeinschaft die Wertvorstellungen und Einstellungen
der anderen teilen - oder zumindest verstehen und tolerieren - , desto stärker wird
die Gemeinschaft. (Rassismus, Vorurteile und Fanatismus schwächen eine Gemeinde
oder Organisation).
Kommunale
Einrichtungen:
Die
Ausstattung menschlicher Siedlungen und Dienstleistungen (wie zum Beispiel Straßen,
Märkte, Trinkwasser, Zugang zu Bildung, Gesundheitswesen), deren Aufrechterhaltung
(zuverlässige Wartung und Instandhaltung), deren Nachhaltigkeit und der Grad, zu
dem sie für alle Mitglieder der Gemeinschaft zugänglich sind. Je mehr die Mitglieder
Zugang zu den benötigten kommunalen Einrichtungen haben, umso größer deren Stärkung.
(Bei der Messung der Leistungsfähigkeit von Organisationen beinhaltet dieser Punkt
die Büroausstattung, Werkzeuge, Vorräte, Zugang zu Toiletten und Sozialräumen,
Arbeitsplätze, räumliche Anlage).
Kommunikation:
Innerhalb
einer Gemeinde, und zwischen ihr und der Außenwelt, schließt Kommunikation Straßen
ein, elektronische Verfahren (zum Beispiel Telefon, Radio, Fernsehen, Internet),
Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher), Netzwerke, gemeinsame Sprachen,
Lesefertigkeit sowie die allgemeine Bereitschaft und Fähigkeit zu kommunizieren
(die Takt, Diplomatie und die Bereitschaft, ebenso zuzuhören wie zu sprechen, beinhaltet).
Indem die Kommunikation einer Gemeinde besser wird, wird sie stärker. (Bezogen auf
eine Organisation sind das die Kommunikationsausstattung, -methoden und -praxis,
die für die Mitarbeiter verfügbar sind.) Schlechte Kommunikation bedeutet eine
schwache Organisation oder Gemeinschaft.
Selbstvertrauen:
Obwohl
sich Selbstvertrauen in den Einzelnen manifestiert, stellt sich die Frage, wieviel
Selbstvertrauen die Mitglieder einer Gemeinschaft als Ganzes miteinander teilen.
Zum Beispiel die gemeinsame Überzeugung, dass die Gemeinde erreichen kann, was auch
immer sie wünscht. Positive Einstellungen, Bereitschaft, Selbstmotivation, Enthusiasmus,
Optimismus, Einstellungen, die von Selbständigkeit anstelle von Abhängigkeit getragen
sind, die Bereitschaft, für die Rechte der Gemeinde zu kämpfen, Vermeidung von
Apathie und Fatalismus, eine Vision dessen, was möglich ist. Mehr Stärke bringt
mehr Selbstvertrauen.
Kontext
(politisch und administrativ):
Eine
Gemeinde wird stärker und besser darin, stärker zu werden und ihre Kraft länger
zu bewahren, je mehr sie dabei durch ihre Umgebung unterstützt wird. Diese Umgebung
schließt ein (1) die politische Ebene (einschließlich Wertvorstellungen und Haltungen
der Staatschefs, Gesetze und Gesetzgebung) und (2) die administrative Ebene (Haltungen
der Beamten und Techniker sowie staatliche Regelungen und Verfahrensweisen). Die
gesetzliche Umgebung. Wenn Politiker, Führer, Technokraten und Beamten, wie auch
ihre Gesetze und Regelungen, einen Versorgungsansatz vertreten, ist die Gemeinschaft
schwach, während sie stärker wird, wenn diese Stellen eine fördernde Haltung einnehmen
und die Gemeinschaft auf einer Selbsthilfebasis agieren lassen. Gemeinschaften können
stärker werden, wenn sie innerhalb einer fördernden Umgebung existieren.
Information:
Mehr
als nur über unverarbeitete Informationen zu verfügen oder sie zu erhalten, hängt
die Stärke einer Gemeinschaft von der Fähigkeit ab, diese Informationen zu verarbeiten
und auszuwerten, vom Grad der Bewusstheit, des Wissens und der Weisheit der Schlüsselpersonen
und der Gruppe als Ganzes. Wenn Informationen effektiver und nützlicher sind und
nicht nur insgesamt zahlreicher, hat die Gemeinschaft mehr Stärke. (Achtung: das
bezieht sich auf das oben angeführte Element Kommunikation, unterscheidet sich aber
hiervon.)
Intervention:
Wie
sind Ausmaß und Effektivität der Animation (Mobilisierung, Management-Training,
Bewußtseinsbildung, Förderung), die auf die Stärkung der Gemeinschaft abzielen?
Erhöhen äußere oder innere Wohltätigkeitsquellen den Grad der Abhängigkeit und
schwächen die Gemeinschaft, oder fordern sie die Gemeinschaft zum Handeln heraus
und machen sie damit stärker? Ist die Intervention nachhaltig oder besteht eine
Abhängigkeit von Gebern außerhalb der Gemeinde, deren Ziele und Vorstellungen von
denen der Gemeinde abweichen? Wenn eine Gemeinde in mehrfacher Hinsicht Entwicklungsanreize
hat, hat sie mehr Stärke.
Führung:
Führungskräfte
verfügen über Macht, Einfluss und die Fähigkeit, die Gemeinschaft zu bewegen.
Je effektiver die Führung ist, desto stärker ist die Gemeinschaft. Während das
hier nicht der richtige Ort ist, um sich ideologisch über demokratische oder partizipatorische
Führung im Gegensatz zum totalitären, autoritären und diktatorischen Führungsstil
auseinanderzusetzen, ist die effektivste und zukunftsfähigste Führung (zur Stärkung
der Gemeinschaft und nicht nur ihres Anführers) diejenige, die sich nach den Entscheidungen
und Wünschen der Gemeinschaft richtet und so eine fördernde und unterstützende
Rolle einnimmt. Führungskräfte müssen Kompetenzen haben, Bereitschaft und Charisma.
Je effektiver Führung stattfindet, um so mehr leistungsvermögen hat die Gemeinschaft
oder Organisation. (Ein Mangel an guter Führung schwächt sie.)
Netzwerke:
Es
ist nicht nur wichtig, über bestimmte Kenntnisse zu verfügen, sondern auch, bestimmte
Leute zu kennen, um stärker werden zu können. (Es wird oft gescherzt, dass man
nicht durch Know-How Jobs bekommt, sondern auch dadurch, dass man die richtigen Leute
kennt.) In welchem Ausmaß kennen Mitglieder der Gemeinschaft, speziell ihre Anführer,
andere Menschen (und ihre Dienststellen oder Organisationen), die nützliche Ressourcen
zur Stärkung der Gemeinschaft als Ganzes beschaffen können? Potenzielle und tatsächlich
genutzte nützliche Verbindungen, die innerhalb der Gemeinde und zwischen ihr und
Außenstehenden bestehen. Je effektiver das Netzwerk, desto stärker die Gemeinde
oder Organisation. (Isolation erzeugt Schwäche.)
Organisation:
Der
Grad, bis zu dem sich die einzelnen Mitglieder einer Gemeinschaft selbst als wichtig
für die Gemeinschaft wahrnehmen; dadurch, dass jeder eine Rolle dabei spielt, die
Gesamtheit zu unterstützen (anstelle davon, nur eine Ansammlung verschiedener Einzelpersonen
zu sein), einschließlich (im soziologischen Sinn) organisatorischer Integrität,
Struktur, Verfahrensewisen, Entscheidungsfindungsprozesse, Effektivität, Arbeitsteilung
und Komplementarität von Rollen und Funktionen. Je organisierter oder je effektiver
eine Gemeinde oder Organisation organisiert ist, desto mehr Kapazität oder Stärke
hat sie.
Politische
Macht:
Der
Grad, bis zu dem eine Gemeinschaft an der nationalen und regionalen Entscheidungsfindung
mitwirken kann. Genauso, wie Personen innerhalb einer Gemeinde unterschiedlichen
Einfluss haben, haben Gemeinden innerhalb der Region oder des Landes in unterschiedlichem
Maß Macht und Einfluss. Je mehr politische Macht und Einfluss eine Gemeinde oder
Organisation ausüben kann, desto leistungsfähiger ist sie.
Kenntnisse:
Diejenige
Fähigkeit, die sich in den Einzelnen zeigt, zur Organisation der Gemeinschaft beizutragen
und die Fähigkeit der Gemeinschaft, die Dinge erledigt zu bekommen, von denen sie
möchte, dass sie getan werden. Technische Kompetenzen, Management-Kompetenzen, organisatorische
Kompetenzen, Mobilisierungs-Kompetenzen. Je mehr Kenntnisse (bezogen auf die Gruppe
oder auf die Einzelnen) die Gemeinde oder Organisation erlangen und nutzen kann,
desto befähigter ist sie.
Vertrauen:
Der
Grad, bis zu dem Mitglieder der Gemeinde sich untereinander vertrauen, insbesondere
ihren Anführern und deren ausführenden Organen, was umgekehrt den Grad der Integrität
(Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Offenheit, Transparenz, Vertrauenswürdigkeit)
innerhalb der Gemeinde widerspiegelt. Mehr Vertrauen und Zuverlässigkeit innerhalb
einer Gemeinschaft reflektiert ihre erhöhte Leistungsfähigkeit. (Unehrlichkeit,
Korruption, Veruntreuung und Entwendung von Gemeinschaftseigentum tragen jeweils
zur Schwächung einer Gemeinde oder Organisation bei.)
Einheit:
Das
gemeinsame Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein (das heißt, der Gruppe,
die die Gemeinschaft bildet), obwohl jede Gemeinschaft Unterteilungen oder Schismen
hat (Religion, Klassenzugehörigkeit, Status, Einkommen, Alter, Geschlecht, Volkszugehörigkeit,
Klanzugehörigkeit); der Grad, bis zu dem die Mitglieder der Gemeinschaft bereit
sind, die Unterschiede und Widersprüche zwischen ihnen zu tolerieren und zu kooperieren
und zusammenzuarbeiten; das Gefühl, ein gemeinsames Ziel oder eine gemeinsame Vision
zu haben, gemeinsame Wertvorstellungen. Wenn eine Gemeinde oder Organisation vereint
ist, ist sie stärker. (Einheit heißt nicht, dass alle gleich sind, sondern dass
jeder die Unterschiede zum anderen toleriert und für das Gemeinwohl arbeitet.)
Wohlstand:
Der
Grad, bis zu dem eine Gemeinde als Ganzes (im Gegensatz zu ihren jeweiligen Mitgliedern)
die Kontrolle über tatsächliche und potenzielle Ressourcen ausübt sowie über
die Produktion und Verteilung von knappen und nützlichen Gütern und Leistungen,
sowohl monetären wie auch nicht monetären (einschließlich ehrenamtlicher Arbeitskräfte,
Land, Ausrüstung, Vorräte, Kenntnisse, Fertigkeiten). Je wohlhabender eine Gemeinschaft
ist, desto stärker ist sie. (Wenn gierige Einzelpersonen, Familien oder Interessengruppen
Reichtümer auf Kosten der Gemeinde oder Organisation anhäufen, schwächt das die
Gemeinde oder Organisation.)
Die
sechs Kulturdimensionen in der Gemeinschaft
Weiter
oben haben wir erwähnt, dass sich die Methodik der Gemeinschaftsstärkung auf die
sechs Kulturdimensionen beruft und die Prinzipien der Stärkung auf jede einzelne
davon anwendet. Hier werden die Dimensionen detaillierter beschrieben.
Die
technologische Kulturdimension
Die
technologische Kulturdimension besteht aus ihrem Kapital, ihren Werkzeugen und Fähigkeiten
und ihrer Art, mit der physischen Umgebung umzugehen. Sie ist die Schnittstelle zwischen
Menschheit und Natur.
Denk
daran, es sind nicht die physischen Werkzeuge an sich, die die technische Kulturdimension
ausmachen, sondern die erlernten Ideen und Verhaltensweisen, die es den Menschen
erlauben, Werkzeuge zu erfinden, zu nutzen und andere in ihrem Gebrauch zu schulen.
Technologie ist genauso eine kulturelle Dimension wie Glaubensvorstellungen und Interaktionsmuster;
sie ist symbolisch. Technologie ist kulturell.
Diese
kulturelle Dimension ist das, was der Wirtschaftswissenschaftler "Realkapital" nennen
könnte (im Gegensatz zu Finanzkapital). Es ist etwas Wertvolles, das nicht für
den direkten Verbrauch produziert wird, aber genutzt wird, um die zukünftige Produktion
(und den Wohlstand) zu erhöhen; eine Investition.
Bei
der Leistungssteigerung (Capacity Development) ist sie eines der 16 Elemente der
Stärke, das sich ändert (zunimmt), wenn eine Organisation oder Gemeinschaft stärker
wird. Im Krieg gegen die Armut liefert uns die Technologie wichtige Waffen.
Für
den Einzelnen oder für eine Familie schließt Technologie das Haus ein, Möbel,
Haushaltsaustattung, inklusive Küchengeräte und –utensilien, Türen, Fenster,
Betten und Lampen. Sprache, die ein wichtiges Merkmal des Menschen ist, gehört zur
technologischen Dimension (sie ist ein Werkzeug). Hierzu gehören auch andere Kommunikationshilfen
wie Radio, Telefon, Fernsehen, Bücher und Schreibmaschinen (jetzt Computer).
In
einer Organisation beinhaltet Technologie Schreibtische, Computer, Papier, Stühle,
Schreibstifte, Büroräume, Telefone, Waschräume und Kantinen. Manche Organisationen
haben ihre spezielle Technologie: Fußbälle und Trikots für Fußballvereine, Tafeln
und Kreide für Schulen, Altäre und Bänke für Kirchen, Gewehre und Schlagstöcke
für Polizei-Einheiten, Sendegeräte und Mikrofone für Radiosender.
In
einer Gemeinde schließt die kommunale Technologie Einrichtungen wie zum Beispiel
öffentliche Latrinen und Wasserstellen ein, Straßen, Märkte, Kliniken, Schulen,
Straßenschilder, Parks, Gemeindezentren, Büchereien, Sportplätze. Gemeindetechnologie
in Privatbesitz kann Geschäfte, Fabriken, Häuser und Restaurants beinhalten.
Wenn
ein Moderator eine Gemeinschaft ermutigt, eine Latrine oder einen Brunnen anzulegen,
wird neue Technologie eingeführt. Ein Brunnen oder eine Latrine ist genauso ein
Werkzeug (und eine Investition) wie ein Hammer oder Computer.
Im
Allgemeinen (das heißt, es gibt Ausnahmen) ist Technologie vielleicht diejenige
der 6 Kulturdimensionen, mit der am leichtesten kulturelle und soziale Veränderungen
herbeigeführt werden können. Es ist einfacher, ein Transistorradio einzuführen
als eine neue religiöse Glaubensvorstellung, eine neue Werteordnung oder eine neue
Form der Familie. Seltsamerweise führt die Einführung neuer Technologie (durch
Erfindung oder Ausleihen) zu Veränderungen in allen anderen 5 Kulturdimensionen.
Denk
daran, dass es immer Ausnahmen gibt - bei den Amish zum Beispiel die bewusste gemeinschaftliche
Entscheidung, der Einführung neuer Technologie zu widerstehen. Sie sind auf die
Erhaltung älterer Technologie angewiesen wie beispielsweise von Pferden gezogene
Wagen oder Pflüge (keine Traktoren, keine Autos, keine Radios), um ihre kulturelle
Identität zu bewahren.
Diese
Veränderungen lassen sich weder einfach vohersagen noch entwickeln sie sich immer
in die gewünschte Richtung. Nachdem sie geschehen sind, mögen sie logisch erscheinen,
obwohl sie so nicht erwartet wurden.
In
der menschlichen Geschichte hat sich die Technologie im allgemeinen dadurch verändert,
dass sie komplexer und anspruchsvoller wurde und eine größere Kontrolle über Energie
mit sich brachte. Eine Form wird nicht unmittelbar durch eine andere abgelöst (obwohl
Pferdepeitschen nun aus der Mode sind, nachdem das Auto das Pferd im Verlauf eines
Jahrhunderts verdrängt hat).
Üblicherweise
verlaufen Veränderungen akkumulativ, indem ältere Werkzeuge und Technologien aussterben,
wenn sie im direkten Vergleich weniger nützlich, effizient und dabei noch teurer
sind. Im Lauf der Geschichte wurde die Tätigkeit des Jägers und Sammlers durch
den Ackerbau abgelöst (außer bei einigen kleinen Restgruppen). Auf die gleiche
Art wich der Ackerbau der Industrie. Menschen, die immer noch ältere, weniger effiziente
Technologien nutzen, finden sich oft als von Armut bedrohte Randgruppe wieder. In
Bereichen, in denen die Technologie weit fortgeschritten ist (zum Beispiel bei der
Informationstechnologie, Computern, dem Internet) wird sie nur durch einen sehr geringen
Anteil der Weltbevölkerung ausgeübt.
Technologie,
die durch Mobilisierer eingeführt werden könnte, kann zur Medizin (Krankenhäuser
und Medikamente) und zur Gesundheit (sauberes Wasser, Hygiene) gehören, es können
Schulgebäude oder überdachte Märkte in ländlichen Gegenden sein. Diese sind den
Ortsansässigen üblicherweise nicht unbekannt; bevor sie mobilisiert wurden, sie
zu beschaffen, haben sie sie einfach nicht gehabt. Der Moderator muss sich darauf
vorbereiten, die Wirkung zu verstehen, die die Einführung einer Veränderung in
der technologischen Dimension auf die anderen Kulturdimensionen hat.
Die
ökonomische Dimension der Gemeinschaft:
Die
ökonomische Dimension der Gemeinschaft sind ihre verschiedenen Mittel und Wege der
Produktion und Verteilung von knappen Gütern und Dienstleistungen (Wohlstand), sei
es durch Geschenke, Verpflichtungen, Tausch, Markthandel oder durch staatliche Zuwendungen.
Es
sind nicht die physischen Gegenstände wie zum Beispiel Bargeld, die die ökonomische
Kulturdimension ausmachen, sondern die Ideen und Verhaltensweisen der Menschen, die
die von ihnen genutzten ökonomischen Systeme geschaffen haben, die dem Bargeld (und
anderen Gegenständen) Wert geben. Reichtum ist nicht nur Geld, genausowenig wie
Armut die Abwesenheit von Geld ist.
Wohlstand
ist eines der 16 Elemente der Gemeinschaftsstärke oder der organisatorischen Leistungsfähigkeit.
Wenn die Organisation oder Gemeinde mehr Wohlstand hat (über den sie als Organisation
oder Gemeinde die Kontrolle ausübt), dann hat sie mehr Macht und mehr Fähigkeit,
die Dinge zu erreichen, die sie erreichen möchte.
Im
Verlauf der menschlichen Geschichte ist hinsichtlich ökonomischer Veränderungen
ein deutlicher Trend vom Einfachen zum Komplizierten zu erkennen. Ein System wurde
nicht unmittelbar durch ein anderes ersetzt, sondern neue Systeme wurden hinzugefügt
und die weniger nützlichen starben allmählich aus.
In
einfachen Kleingruppen wurde Reichtum (alles, was knapp und nützlich war) schlicht
aufgrund familiärer Verpflichtung verteilt. Wenn jemand mit Nahrung oder Kleidung
nach Hause kam, wurde sie an die anderen Familienmitglieder verteilt, ohne dass dafür
eine sofortige Gegenleistung erwartet wurde.
Als
die Gesellschaft komplexer wurde und neue Gruppen miteinander in Kontakt kamen, entstand
einfacher Handel durch verschiedene Formen von Tauschgeschäften. Die Verteilung
innerhalb der einzelnen Familiengruppen blieb mehr oder weniger unverändert. Da
die Tauschgeschäfte immer komplexer und umfassender wurden, wurden neue Institutionen
hinzugefügt, um die Buchführung zu vereinfachen: Währungen, Konten, Banken, Kredit,
Kreditkarten, Debitkarten. Diese lösten die früheren Formen nicht unmittelbar ab,
aber das Schenken und Teilen innerhalb der Familien nahm neben all den anderen Formen
von Verteilungssystemen immer mehr ab und der Tauschhandel verlor zunehmend an Bedeutung.
Denk
daran, dass eine Währung (Bargeld, Geld) keinen eigenen intrinsischen Wert hat.
Sie hat nur deshalb Wert, weil die Gesellschaft – die Gemeinschaft, die Kultur
– ihr einen Wert zuschreibt. Ein 100 Euro-Schein könnte zum Beispiel zum Feueranzünden
verwendet werden oder um daraus eine Zigarette zu drehen, aber sein Nennwert ist
viel zu hoch, um ihn hierfür zu benutzen.
In
jeder Gemeinde finden wir andere Formen der Vermögensverteilung. Für den Mobilisierer
ist es wichtig zu wissen, welche es sind und welche Dinge geschenkt werden können,
welche getauscht und was ge- und verkauft wird. In vielen Gesellschaften können
manche Formen des Wohlstandes nicht käuflich erworben werden, wie zum Beispiel sexuelle
Gefälligkeiten, Ehefrauen, Gastfreundschaft, Kinder, Unterhaltung. Das ist ganz
unterschiedlich. Zu verstehen, wie sie verteilt werden und unter welchen Bedingungen
und zwischen wem (weil das unterschiedlich sein kann), ist ein wichtiger Teil der
Forschung, die ein Mobilisierer durchführen muss.
Wenn
eine Gemeinde beschließt, Wasser auf der Basis einer Flatrate an alle Haushalte
zu verteilen oder aber auf der Basis der sofortigen Bezahlung für jeden Wasserbehälter,
der gefüllt wird, dann trifft sie eine Entscheidung zwischen zwei sehr unterschiedlichen
wirtschaftlichen Verteilungssystemen.
Der
Animator sollte eine Gemeinde ermutigen, entsprechend den vorherrschenden Meinungen
und Einstellungen zu entscheiden, was sie will. (Ein guter Mobilisierer wird seine
oder ihre Vorstellung des besten Verteilungssystems niemandem aufzwingen; die Gemeindemitglieder,
und zwar alle, müssen zu einer Konsens-Entscheidung kommen.)
Die
politische Dimension der Gemeinschaft
Die
politische Dimension der Gemeinschaft besteht aus ihren verschiedenen Mitteln und
Wegen der Zuordnung von Macht, Einfluß und Entscheidungsfindung. Sie ist nicht dasselbe
wie Ideologie, die zur Werte-Dimension gehört. Sie beinhaltet, aber beschränkt
sich nicht auf, verschiedene Regierungsformen und Arten von Management-Systemen.
Sie beinhaltet auch die Art und Weise, in der Menschen in Kleingruppen oder informellen
Gruppen Entscheidungen treffen, wenn sie keinen anerkannten Führer haben.
Politische
Macht ist eines der 16 Elemente der Gemeindestärkung oder organisatorischen Leistungsfähigkeit.
Je mehr politische Macht und Einfluß vorhanden sind, desto mehr kann sie die Dinge
tun, die sie wünscht.
Ein
Animator muss in der Lage sein, die unterschiedlichen Typen von Gemeindeführern
zu erkennen. Manche mögen traditionelle oder bürokratische Autorität haben, manche
mögen eine charismatische Persönlichkeit haben. Wenn der Animator mit einer Gemeinde
arbeitet, muss er in der Lage sein, das existierende Macht- und Entscheidungsfindungssystem
weiterentwickeln zu helfen, um die Einheit der Gemeinde zu fördern und für Gruppenentscheidungen
zu werben, von denen die gesamte Gemeinde profitiert und nicht nur bestimmte Interessengruppen.
Im
Verlauf der menschlichen Geschichte war Führung (Macht und Einfluss) zunächst diffus,
temporär und minimal. In einem kleinen Verbund von Jägern und Sammlern konnte jeder,
der eine Jagd vorschlug und organisierte, Anführer sein. In kleinen Gruppen gab
es keine Häuptlinge, Älteste oder Könige, und diese Gruppen werden von Anthropologen
akephal (kopflos) genannt.
Während
die Geschichte fortschreitet, werden politische Systeme komplexer, und Macht und
Einflss nahmen zu und beeinflussten größere Anzahlen von Menschen. Die Ebenen der
politischen Ausgereiftheit und Hierarchie gingen von akephal, Verbund, Stamm über
Königtum bis hin zum Nationalstaat.
Im
einfachsten Verbund ist das Machtgefälle zwischen dem Anführer und dem niedrigsten
Mitglied des Verbundes gering. Vergleiche das mit dem Machtgefälle zwischen dem
Präsidenten der USA und einem Hausmeister, der in einem Slum-Hotel in Washington
die Toiletten putzt.
Gemeinden,
einschließlich derjenigen, in der du arbeitest, haben alle ein politisches System
und eine gewisse Entfernung zwischen den höchsten und den niedrigsten Machtebenen,
sowohl zwischen Einzelpersonen wie auch zwischen Gruppen. Es ist die vordringlichste
Aufgabe des Mobilisierers, mehr darüber herauszufinden, wie Macht und Einfluss verteilt
sind (nicht immer auf die gleiche Art) und welche Veränderungen sich ereignen.
Der
Mobilisierer wird Einfluß auf die Machtverteilung haben, weil er/sie die Gründung
eines Entwicklungskomitees anregt. Und er/sie wird für einen Zuwachs an politischer
Komplexität verantwortlich sein, wenn es das erste solche Komitee in der Gemeinde
ist.
Die
institutionelle Dimension der Gemeinschaft
Die
soziale oder institutionelle Dimension der Gemeinschaft setzt sich zusammen aus der
Art, wie sich Menschen verhalten, untereinander interagieren, und ihren Erwartungen
darauf, wie andere agieren oder interagieren. Sie beinhaltet Institutionen wie Ehe
und Freundschaft, Rollen wie Mutter oder Polizist, Status oder Klassenzugehörigkeit
und andere menschliche Verhaltensmuster.
Wenn
Nicht-Soziologen das Wort "Soziologie" hören, denken sie zuerst an die institutionelle
Dimension der Gesellschaft. Sie ist aber dennoch nur eine der sechs Dimensionen der
sozialen Organisation (Kultur).
Diese
Dimension hat damit zu tun, wie Menschen miteinander umgehen, mit ihren Erwartungen,
Annahmen, Urteilen, Prognosen, Antworten und anderen Reaktionen. Sie betrachtet Beziehungsmuster,
die manchmal als Rolle oder Status bezeichnet werden, und die Bildung von Gruppen
und Institutionen, die sich hieraus ableiten.
Zum
Beispiel ist eine "Schwiegermutter" sowohl eine Rolle (mit einem Status) wie auch
eine Institution. Die soziale Organisation einer Gemeinde ist die Summe all dieser
gegenseitigen Beziehungen und Muster.
Der
Organisationsgrad (oder die organisatorische Komplexität), der Grad der Arbeitsteilung,
das Ausmaß der Teilung von Rollen und Funktionen ist ein weiteres der 16 Elemente
der Stärke der Gemeinde oder organisatorischen Leistungsfähigkeit. Je mehr und
je effektiver organisiert sie ist (und hierbei kann der Mobilisierer helfen), um
so mehr Vermögen hat sie, ihre kommunalen oder organisatorischen Ziele zu erreichen.
Wie
bei den anderen Dimensionen verlief die allgemeine Entwicklungsrichtung - historisch
betrachtet - vom Einfachen zum Komplexen. In frühen, einfachen Gesellschaften war
die Familie die Gemeinde und die Gesellschaft. Die Familie definierte alle Rollen
und deren Status. Als die Gesellschaften komplexer wurden, wurden zunächst einmal
die Familien komplexer, und danach erst entwickelten sich neue nicht-familiäre Beziehungen,
die anerkannt wurden. Später verlor die Familie im Verhältnis zu den vielen anderen
Arten von Beziehungen verhältnismäßig an Bedeutung.
Jedes
Mal, wenn eine neue Rolle mit ihren Pflichten, Verantwortlichkeiten, Rechten und
zu erwartenden Verhaltensmustern erschaffen wird, wird die Gesellschaft komplexer.
Wenn die Gründung eines neuen Entwicklungskomitees mit den dazugehörigen offiziellen
Positionen und Mitgliedschaft gefördert wird, wird die Gemeinde um soviel mehr komplexer.
Eine
kleine ländliche Gemeinde ohne Krankenhaus oder Schule besteht sehr wahrscheinlich
aus Einwohnern, die alle untereinander verwandt oder verheiratet sind. Wenn du diese
Gemeinde dazu anregst, eine Schule oder ein Krankenhaus zu bauen, mit bezahlten Lehrern
oder medizinischen Fachkräften (üblicherweise von außerhalb), dann erhöht sich
die soziale Komplexität der Gemeinde.
In
diesem Sinne ist die soziale Dimension vielleicht der technologischen Dimension darin
ähnlich, dass sie weniger Schwierigkeiten (als die anderen Dimernsionen, speziell
die beiden letzten) bei der Einführung sozialen Wandels bereitet. Wie bei allen
anderen sechs Dimensionen hat die Veränderung in einer Dimension wie der sozialen
Auswirkungen auf alle anderen fünf Dimensionen.
Damit
der Animator erfolgreich sein kann, muss er oder sie die örtlichen Institutionen
kennen; wissen, welche unterschiedlichen Rollen durch Männer und Frauen eingenommen
werden, und die Hauptformen der sozialen Interaktion kennen.
Die
ästhetische Werte-Dimension der Gemeinde
Die
ästhetische Werte-Dimension der Gemeinde ist die Struktur der Vorstellungen, manchmal
widersinnig, inkonsequent oder widersprüchlich, die Menschen über Gut und Böse
haben, Schön und Hässlich und über Richtig oder Falsch; die die Grundlage bilden,
auf die sich die Menschen berufen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen.
Die
drei Achsen, anhand derer Menschen Beurteilungen treffen, sind davon abhängig, was
sie in ihrer Kindheit lernen. Sie beinhalten das Urteilen zwischen Richtig und Falsch,
Gut und Böse und Schön und Hässlich, jeweils basierend auf sozialen und gemeindeeigenen
Werten.
Sie
werden nicht über die Gene erworben, sondern durch unsere Sozialisation. Das bedeutet,
dass sie neu erlernt werden können; dass wir unsere Urteile ändern können. Dennoch
ist es unglaublich schwer, Wertvorstellungen in einer Gemeinde zu ändern, besonders,
wenn die Einwohner merken, dass versucht wird, sie zu ändern. Sie ändern sich tatsächlich,
wenn sich Gemeindenormen weiterentwickeln, aber diese Änderung kann nicht durch
Einflussnahme von außen oder bewusste Manipulation beschleunigt oder gesteuert werden.
Gemeinsame
Gemeindenormen sind wichtig für die Gemeinde-Identität und die persönliche Identität;
wer jemand ist, hat sehr viel damit zu tun, an welche Werte man glaubt. Der Grad,
bis zu dem Gemeinde- oder Organisationsmitglieder gemeinsame Werte haben und/oder
die Werte des jeweils anderen respektieren, ist ein wichtiger Bestandteil der 16
Elemente der Stärke und Leistungsfähigkeit.
Werte
neigen dazu, sich zu verändern, wenn die Gemeinde komplexer und heterogener wird
und mehr Anschluss an die Welt bekommt. Wertewandel tendiert dazu, Veränderungen
in der Technologie und der sozialen Organisation herbeizuführen; anders als Predigten
oder Vorlesungen über direkte Veränderungen.
Es
scheint, dass es in der menschlichen Geschichte keine generelle Entwicklungsrichtung
gibt - dass Urteile liberaler werden, toleranter, katholischer, eklektischer - oder
sich in die gegenteilige Richtung entwickeln, wenn Gesellschaften komplexer und differenzierter
werden. Gemeinden an beiden Enden des Spektrums der sozialen Komplexität weisen
Normen von unterschiedlicher Rigidität auf. Trotz dieser großen Bandbreite gibt
es üblicherweise innerhalb jeder Gemeinde zwischen den Einwohnern einen Kernbereich
an gemeinsamen Werten. Urbane und heterogene Gemeinden tendieren zu einer größeren
Schwankungsbreite in Ästhethik und Werten.
Es
ist nicht leicht, die Wertnormen einer Gemeinde vorherzusagen und herauszufinden,
wie man innerhalb der Gemeinde arbeiten kann, bevor man dort lebt. Wegen der Bedeutung
der Gemeindenormen ist es dennoch erforderlich, dass der Mobilisierer soviel wie
möglich über sie in Erfahrung bringt und nicht davon ausgeht, dass sie seinen eigenen
entsprechen.
Während
Veränderungen der Gemeinde-Einrichtungen und -Dienste irgendwann zu Veränderungen
der Gemeindenormen führen können, muss alles, was ein Mobilisierer vorschlägt,
den vorherrschenden Gemeindewerten entsprechen. Immer wenn ein Mobilisierer neue
Arten, etwas in der Gemeinde zu tun, vorstellt, müssen die vorherrschenden Werte,
so widersprüchlich und unterschiedlich sie auch sein mögen, berücksichtigt werden.
Die
weltanschauliche Dimension der Gemeinde:
Die
weltanschauliche Dimension der Gemeinde ist eine andere Struktur von Vorstellungen,
manchmals ebenfalls widersprüchlich, die Menschen über die Natur des Universums
haben, über die Welt um sie herum, ihre Rolle darin, Ursache und Wirkung, und die
Natur der Zeit, der Dinge und des Verhaltens.
Diese
Dimension wird manchmal für die Religion der Menschen gehalten. Sie muss aber umfassender
gesehen werden und beinhaltet ebenfalls atheistische Glaubensvorstellungen, zum Beispiel
die, dass der Mensch Gott nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Sie beinhaltet gemeinsame
Glaubensvorstellungen darüber, wie das Universum entstand, wie es funktioniert,
und was Realität ist. Sie ist Religion - und mehr.
Wenn
der Mobilisierer einen Bleistift fallen läßt, demsonstriert er seinen/ihren Glauben
an die Schwerkraft. Wenn er/sie sagt, die Sonne gehe am Morgen auf (was sie nicht
tut, die Erde dreht sich), drückt er/sie ein veraltetes Weltbild aus.
Wenn
der Mobilisierer als jemand wahrgenommen wird, der die Glaubensvorstellungen der
Menschen angreift, wird er/sie in seiner Arbeit behindert, auf Widerstand gegen sich
selbst und seine/ihre Ziele stoßen und in der Tätigkeit als Mobilisierer versagen.
Ob der Mobilisierer nun örtlichen Glaubensvorstellungen entgegentreten möchte oder
nicht, muss er/sie doch so wahrgenommen werden, dass er/sie sie nicht ändern möchte.
Im
Verlauf der menschlichen Existenz ist ein allgemeiner Trend zu einer Abnahme der
Anzahl der Götter erkennbar sowie ein Rückgang der Differenzen im Bereich Sakral/Profanmit
der Entwicklung hin zum Säkularen. Vom örtlichen Polytheismus mit vielen Göttern
bewegten sich die Menschen zu einem Polytheismus mit weniger Göttern, von dort zum
Monotheismus (ein Gott) und ab da nimmt die Anzahl derjenigen, die an keinen Gott
glauben, zu.
In
der Menschheitsgeschichte scheinen die Gruppen mit lokalen traditionellen Gottheiten
andere Götter eher zu tolerieren als die sogenannten Universalreligionen, von denen
jede einzelne behauptet, im Besitz der richtigen Antwort zu sein. Wegen Religionen
wurden ungeheure Kriege geführt (was von daher ironisch ist, weil die meisten Religionen
Frieden und Toleranz fordern), und das sollte dem Mobilisierer zur Warnung über
das Ausmaß dienen, in dem Menschen inbrünsting an ihrem Glauben festhalten.
Der
Animator muss lernen, studieren und erkennen, welches der vorherrschende Glaube in
der Gemeinde ist. Um ein effektiver Katalysator des sozialen Wandels zu sein, muss
der Animator Vorschläge machen und Aktionen vorantreiben, die nicht gegen diesen
vorherrschenden Glauben verstoßen und mit den existierenden Glaubensvostellungen
und Weltanschauungen übereinstimmen.
Der
menschliche Faktor und die Gemeinschaftsstärkung
Einer
der verschiedenen Vorteile des ganzheitlichen Ansatzes menschlicher Faktor für das
Verständnis von Gesellschaft und Kultur ist, dass er den ganzen Menschen betrachtet,
einschließlich spiritueller, ökonomischer, technologischer, politischer, sozialer
und evaluativer Merkmale.
Das
wiederum unterstützt die Anwendung der sechs Kulturdimensionen in der Erforschung
und Analyse von Gesellschaft und Kultur. Die sechs Dimensionen bestehen aus der technologischen,
ökonomischen, politischen, institutionellen, ideologischen und weltanschaulichen
Dimension. Die sechs Dimensionen sind beim Ordnen ethnografischen Materials, bei
der Lehre über die Natur der Kultur und bei der Entwicklung von Forschungsstrategien
wertvoll.
(5)
Gemeindeentwicklung
und Gemeindestärkung, die beide zum Bereich der angewandten Soziologie gehören,
können ohne den menschlichen Faktor nicht erfolgreich sein. Eine Gemeinde ist eine
soziale Institution, Teil der Kultur, und besteht aus den Vorstellungen und Verhaltensweisen
von Menschen. Damit sie sich entwickeln und stärker werden kann, muss das im Kontext
mit den Menschen geschehen, aus denen sie besteht. So wie der menschliche Faktor
die ganze Person betrachtet, muss Gemeindestärkung die ganze Gemeinde betrachten.
Endnoten
1.
Enkulturation und Sozialisation werden auf der Community Empowerment Website beschrieben.
Siehe: ../modules/edu-int.htm
2.
Das nennt man die Soziologische Perspektive.
Siehe:
../modules/per-int.htm.
3.
Die 16 Elemente der Stärke werden auf der Community Empowerment Website beschrieben.
Siehe: ../modules/mea-int.htm.
4
Webers bedeutendste Arbeiten, einschließlich der über Bürokratie, werden auf der
Community Empowerment Website aufgeführt.
Siehe: ../modules/cla-webr.htm.
5.
Die sechs Dimensionen werden auf der Community Empowerment Website beschrieben
Siehe: ../modules/dim-int.htm
Zitierte
Quellen
Bartle,
Phil, 2005, The
Sociology of Communities, an introduction.
Camosun College, Victoria,
Henslin,
James M., Dan Glenday, Ann Duffy and Norene Pupo. 2004. Sociology:
A Down–to–Earth Approach,
Third Canadian Edition. Toronto: Pearson
Weber,
Max, 1946, From
Max Weber; Essays in Sociology.
(H Gerth & C. Wright Mills, trans and ed), New York, Oxford
Human Factor and Community Empowerment
Phil
Bartle, Founder, Community Empowerment Collective Victoria,
Columbia Británica
Abstract
Community Empowerment, a special methodology for strengthening communities, starts with the idea that capacity can not be built (social engineering), but the community can be stimulated to develop itself. Community is an institution and part of culture, ideas and actions learned by humans, and therefore different than the humans who do the learning. Work in the field reveals that strength of a community is based on sixteen factors of strength. These are described and shown to belong to the six dimensions of culture, and therefore part of the Human Factor approach which considers the whole person.
Le
factor humain et le renforcement des communautés
Phil
Bartle, Fondateur, Community Empowerment Collective Victoria,
British Columbia
Abstrait
Community
Empowerment, une méthodologie pour renforcer le communautés, part de l’idée
que la capacité ne peut pas être construite dans une communauté (par l’ingénierie
sociale), mais qu’une communauté peut être stimulée à se développer par elle-même.
La communauté est une institution et fait parti de la culture, des idées et des
actions appris par les humains, et c’est pourquoi elle est différente des humains
qui l’ont appris. Le travail sur le terrain indique que la force d’une communauté
est basée sur seize facteurs de force. Ils sont décrits et il est démontré qu’ils
appartiennent aux six dimensions de la culture, et par conséquence font parti de
l’approche du facteur humain qui considère la personne entière. (Johanne Lemaire)
Factor humano y potenciación comunitaria
Phil Bartle, Fundador del Colectivo de Potenciación Comunitaria Victoria, Columbia Británica
Resumen
La Potenciación Comunitaria, una metodología especial para fortalecer comunidades, parte de la idea de que la capacidad no se crea (ingeniería social), sino que puede estimularse a la comunidad para que se desarrolle a sí misma. La comunidad es una institución y forma parte de la cultura, ideas y acciones aprendidas por los humanos, y por tanto es diferente de los humanos que aprenden. El trabajo sobre el terreno revela que la fuerza de una comunidad se basa en dieciséis factores de fortaleza, que describiremos y demostraremos que pertenecen a las seis dimensiones de la cultura, lo que los hace parte del enfoque de «Factor humano» que considera la persona al completo. (Lourdes Sada)
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––»«––Letztes aktualisierung: 10.07.2011
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